Raum für Gemeinschaft. Das Leben erleben. Gestern, Heute und Morgen
„Raum für Gemeinschaft. Das Leben erleben. Gestern, Heute und Morgen.“
Dieses Motto steht über den Plänen, das Jugendfreizeitheim „Bernhardshütte“ bei der Friedrichshöhe zwischen Unterkirnach und Vöhrenbach zu modernisieren und zu erweitern, um es so fit für die Zukunft zu machen. Gleichzeitig konnte das 60-jährige Bestehen seit Einweihung der Bernhardshütte gefeiert werden. So trafen sich am vergangenen Samstag über 150 Personen bei strahlendem Spätsommerwetter zu einem Spatenstichfest der besonderen Art. Der Einladung folgten Erbauer, Frauen, die einst das Abbruchmaterial säuberten, Handwerker, Spender, Helfer, Mitglieder der Gemeindeteams der katholischen Kirchengemeinde Villingen und des Trägervereins sowie der Stellvertretende Landrat des Schwarzwald-Baar- Kreises Joachim Gwinner, die Bürgermeister Andreas Braun aus Unterkirnach und Robert Strumberger aus Vöhrenbach und Dekan Josef Fischer.
Vereinsvorsitzender Frank Bonath hieß die Gäste willkommen und zeigte in einer kleinen Umfrage zu mehreren Gesichtspunkten: „Wer von euch hat schon hier …?“ auf, mit wie vielen verschieden Aspekten die Menschen eine Beziehung zur Hütte haben. Jugendleiter aus St. Konrad übernahmen die musikalische Umrahmung des Festaktes.
Statements: Kurze Berichte gaben Erbauer Adelbert Weigt aus Berlin zu den Anfängen, Martin Disch zu den Jugendlagern vor 30 Jahren und Alexander Hirt zu den Jugendlagern von heute, Uwe Smidt zum Plus der Hütte durch die verschiedenen Aufenthaltsräume, aber auch zum Problem der beengten Schlafzimmer, Claus Dinser zu den Bauausschusssitzungen, Architekt Bernd Behnisch mit Schmunzeln zu der Entscheidungsfindung, wenn ein Architekt es gleich mit einem ganzen Verein und dessen Meinungsvielfalt zu tun hat, den erforderlichen kistenweisen Unterlagen bei einer durchaus erfreulichen EU-Förderung und dem künftigen Einbau einer großen unterirdischen Löschwasserzisterne. Ute Schaumann vom Fundraisingausschuss berichtete über die Herausforderung, in derartigen Dimensionen Spenden zu organisieren und bat um Meldungen, falls jemand Räumlichkeiten für den erneuten Betrieb eines Narrenstübles 2017 wüsste. Die Helfer stünden bereit. Sie verwies auf die neu gestalte Homepage unter www.bernhardshuette.de und eine Infobroschüre für potenzielle Großspender. Claudia Stader und Katharina Hirt berichteten stellvertretend für die vielen Projekte von der Klingelbeutelaktion. Vorstandsmitglied Thomas Hauser gab Infos zu der Motivation des Vereins, mit der Bernhardshütte einen Raum für Freizeit und Bildungsangebote, für Spiritualität und Persönlichkeitsbildung sowie gesellschaftliches Engagement für die die Region und darüber hinaus zur Verfügung zu stellen. Kassierer Matthias Wöhrle gab einen groben Überblick über das Zahlenwerk.
Ehrengäste: Joachim Gwinner sprach Glückwünsche zum 60. Geburtstag aus und zeigte sich beeindruckt von dem Engagement und dem Herzblut, das dem Betrieb der Hütte zu Grunde liegt. Er zeigte die Notwendigkeiten von Bildungsangeboten und der Berücksichtigung des
Inklusionsgedanken auf, der mit den vorgesehenen Baumaßnahmen gestärkt werde. Auch die Bürgermeister Andreas Braun und Robert Strumberger lobten den Mut zur Weiterentwicklung, der in dieser Dimension nicht selbstverständlich sei. Dekan Josef Fischer verwies darauf, dass die Hütte nicht nur von St. Fidelis und St. Konrad genutzt werde, sondern dem ganzen Dekanat und darüber hinaus diene. Schade fand er, dass ein Beitrag der Erzdiözese aus rechtlichen Gründen nur äußerst eingeschränkt geleistet werden konnte.
Der Spatenstich für den Anbau: In einer für alle vergnüglichen Aktion hatten in Zweierteams Stellvertrender Landrat Gwinner und Dekan Fischer, die Bürgermeister Braun und Strumberger sowie Hüttenwart Auer und Architekt Behnisch die Aufgabe, Sand von dem riesigen Haufen in kleine Spielzeugbagger zu schaufeln, in Bobbycar-Anhänger umzuladen und die Kinder zu einem bereit stehenden Minibagger zu schieben.
Die Anfänge: Am 2. September 1956, und damit vor fast genau 60 Jahren, wurde der Ursprungsbau der Bernhardshütte feierlich eingeweiht. Johannes Ruby, der damalige Vikar von St. Fidelis und Pfarrjugendleiter Franz Klein waren die federführenden Köpfe, um gemeinsam mit vielen freiwilligen jugendlichen Helfern und Unterstützung durch die örtliche Handwerkerschaft und der Landwirte aus Rietheim in der Nähe von Villingen ein Jugendfreizeitheim zu bauen. Als Baumaterial wurde ihnen von dem Bauunternehmen das Abbruchmaterial der alten Fideliskirche (1927 – 1953) überlassen, das durch heutzutage abenteuerlich anmutende Art und Weise teils mit dem Fahrrad und Handkarren an die Baustelle gebracht wurde.
Die Weiterentwicklung: Ein größerer Anbau über alle Geschosse mit der jetzigen Küche und den darüber liegenden Räumlichkeiten wurde anfangs der 80er Jahre bewerkstelligt. 1995 wurde ein weiterer großer Aufenthaltsraum im Untergeschoss mit der darüber liegenden Terrasse angebaut. Jetzige Baumaßnahme: Geplant ist ein weiterer Anbau mit sechs mal elf Metern über alle drei Geschosse. Die Küche wird in den neuen Anbau verlagert und mit dem neuen Vorratsraum auf den aktuellen lebensmittelhygienischen Stand der Technik gebracht. Damit entstehen im Untergeschoss bei den Speisesälen erstmals Platz für sanitäre Anlagen und einen weiteren Freizeitraum. Im Erdgeschoss wird der Sanitärbereich für die Mädchen wesentlich verbessert und mehr behindertengerechte Schlafplätze geschaffen. Im ersten Obergeschoss werden die äußerst beengten Achterzimmer entzerrt und auf mehrere unterschiedlich große und damit je nach geschlechterspezifischer Zusammensetzung der Gruppen flexibler nutzbare Schlafzimmer aufgeteilt.
Die Kosten: Die veranschlagten Gesamtkosten mit 920 T Euro teilen sich auf mehrere Projekte auf. Neben dem Hauptprojekt des Anbaus werden auch die veränderten gesetzlichen Bestimmungen im Bereich von Brandschutz baulich umgesetzt. Dazu kommen bauliche Veränderungen in der alten Bausubstanz sowie eine Erneuerung des gesamten Mobiliars und Veränderungen bei der Kücheneinrichtung.
Die Finanzierung: Neben den angesparten Eigenmitteln, bisher gesammelten Spenden, einem Zuschuss der Kirchengemeinde Villingen, dem LEADER-Förderbeitrag und Darlehensmitteln besteht derzeit noch eine Finanzierungslücke in Höhe von 50 T Euro. Hierfür übergab Bürgermeister Braun als weiteren Baustein eine Spende der Gemeinde Unterkirnach mit 500 Euro.
Die LEADER-Förderung: LEADER steht für „Liaison Entre Actions de Développement de l`Économie Rurale“ (Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft). Es handelt sich dabei um ein EU-Förderprogramm. Mit der tatkräftigen Unterstützung der
Kommissionsmitglieder Gwinner und Strumberger für den Bereich Südschwarzwald konnten im November 2015 die Ausbaupläne der Bernhardshütte als Beitrag zur Förderung von Jugendbelangen im ländlichen Raum mit in das Programm aufgenommen werden.
Der Trägerverein: Betrieben wird die Hütte durch den gemeinnützigen „Verein Bernhardshütte e.V.“, der überwiegend aus Mitgliedern der Pfarreien St. Fidelis und St. Konrad besteht. In der breiten Öffentlichkeit wurde dieser kleine Verein erst durch die verschiedenen Maßnahmen im Hinblick auf die neue Baumaßnahme bekannt.
Der Hüttenwart: Seit bald 40 Jahren ist Hüttenwart Günter Auer das Gesicht der Bernhardshütte. Als Ansprechpartner für alle Nutzergruppen und deren Bedürfnisse brachte er vor einigen Jahren die ersten Ideen für das Projekt ins Rollen. Nun beim Spatenstichfest empfindet er „einfach nur Freude für den Start in die Zukunft“.
Kritische Stimmen: Erbauer Adelbert Weigt verwies darauf, dass die Ursprungshütte gegen den Widerstand des damaligen Stadtpfarrers Max Hettler entstand. Der Geistliche empfand es als unpassend, dass Steine und Ziegel eines ehemaligen Gotteshauses zu einem Freizeitheim umgenutzt werden sollten. Auch mit jedem neuen Bauvorhaben gab und gibt es vereinzelt kritische Stimmen, die den Verlust des urigen Flairs der einstigen Hütte mit der Entwicklung zum Haus beklagen. Hiergegen ist festzustellen, die Zeit des „Zähneputzens-am Brunnentrog“ ist passé, doch Raum für Gemeinschaft braucht es wie eh und je.
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